Faller AMS

Wenn ich mich mit Leuten über das Thema Carrera oder Slotracing unterhalte, zweigt das Gespräch erstaunlich oft in Richtung H0 ab. Viele haben noch eine Faller Rennbahn rumfliegen, welche nicht mehr benutzt werden kann, da die Fahrzeuge nicht mehr gehen und es keine Ersatzteile mehr gibt. Aus diesem Grund möchte ich hier für Aufklärung sorgen.

Mein Dad war ein großer Fan von Modellbau im Maßstab H0 weshalb ich schon früh mit Märklin, Faller und allem drumrum in Berührung gekommen bin. Wenn ich in den „Eisenbahnraum“ durfte und die Züge und Autos gefahren sind, haben die Augen geleuchtet. Noch interessanter wurde es dann als ich älter war und selbst mit den „Rennautos“ spielen durfte. Mit dem Nachbarsjungen zusammen haben wir Stunden damit verbracht Strecken zu bauen, die Fahrzeuge in Schuss zu halten, aus Einzelteilen neue Autos zusammenzubauen, und natürlich Rennen zu fahren. Damals wusste kaum jemand, wer was herstellte, oder zukaufte. Es war das Faller AMS komplettpacket. AMS steht im übrigen für Auto Motor Sport. Daran sieht man schon, das Faller für den deutschen Markt produzierte, aber dazu später mehr.

Auch wenn ich heute eine 1:32 Holzbahn habe, und hier am liebsten die Fahrzeuge von Carrera fahre, oder auch mal 1:24 am Hartgrundring, bin ich der Überzeugung das 1:64 das beste System ist, das auf dem Markt ist. Der Platzbedarf der Strecke ist mein erstes Argument. 1 Meter Carrera Schiene benötigt lediglich 37cm im Faller System. Das zweite Argument oder Argumente sind die Fahrzeuge. Die Chassis sind komplett zerlegbar, bis zu den Kohlen der zumeist Pancake Motoren.

Aber Moment mal. 1:64 und H0? Hier stimmt doch was nicht. Richtig, der Maßstab von H0 ist 1:87. Die ersten Rennautos wurden aber im Maßstab 1:64 gebaut. Faller hat diese Fahrzeuge in die H0 Systemlandschaft integriert da es ungefähr passte und es nichts anderes gab.

Für Interessierte folgend ein Absatz zu Faller AMS.

Am 27. Februar 1963 reichten Joseph Giammarino und Derek Brand das erste Slotcar Chassis mit einem Pancake Motor zum Patentieren ein (United States Patent 3243917). Auf dieser Basis entwickelte die Aurora Plastics Corporation das T-Jet (Thunder-Jet) Chassis. Erwin Faller wollte trotz Wiederständen seines Bruders in den Bereich der Modellrennbahn einsteigen. Faller suchte sich die T-Jet’s aus, welche die Basis des ersten Faller AMS Slotcars darstellten. Die Form der Chassis war genormt, und so konnte jeder Fahrzeug-Body (Deckel) aufgesteckt werden. Da nun noch der „Slot“ fehlte, in dem die Schlitzflitzer langflitzen, suchte Faller einen Produzenten für die Schienen. Die Atlas Tool Company stellte in den USA 1:64 Schienen her für die sich Faller entschied. Anstatt in schwarz ließ Faller die Schienen in der Farbe grau in Lizenz für den Deutschen Markt produzieren. Auf dem deutschen Markt wurden die Rennstrecke und die Autos zunächst ausschließlich von der Firma Faller vertrieben. Die Vielfalt der Teile, Fahrzeuge und Designelemente nahm nun Jahr für Jahr zu. Aurora löste die TJet’S mit der Thunder-Jet 500 Reihe ab. Diese wurden von Faller unter Eigennamen wie Beispielsweise „Faller AMS 5401 Flachankermotor“ verkauft. Es gab unzählige Varianten. Unterschiedliche Getriebeuntersetzungen, Kunststoff oder Zinkguss-Deckel, Kunststoff oder Metallzahnräder, schmale und breite Achsen, unterschiedliche Felgen, Reifen und Felgen für LKW’s oder Doppelbereifung. Es gab einen Aufsatz für ein „mechanisch“ gesteuertes Blinklicht mit „Glühbirnchen“ für Polizei, Krankenwagen oder Feuerwehr. Schleifer gab es in unterschiedlichen Legierungen und breiten. Es gab Diodenschleifer um zwei Fahrzeuge auf einem Slot zu fahren. Und vieles mehr. Analog zur reinen Rennbahn bildete diese Vielfalt damals den Vorgänger des Faller Car Systems und fügte das AMS nahtlos in die H0 Landschaft ein. Ab 1971 wurde das neue reine „Rennsport“ Chassis „Original A/FX“ unter der neuen Marke A/FX (Aurora Factory Experimentals) verkauft. Dieses wurde in Deutschland nicht mehr exklusiv von Faller angeboten, sondern auch direkt von A/FX. Ab 1974 wurde das Logo in AFX geändert und hierrunter weitervertrieben. In diesem Zuge wurde der Name für das Chassis nach leichten Verbesserungen in „Magna-Traction“ umbenannt. Über die Jahre wurden viele Abwandlungen der Chassis produziert damit Beispielsweise die Fahrzeuge der Indy 500 und Formel 1 besser aussahen. Allerdings basierte die Technik aller Chassis auf den drei Grundversionen. Die dritte Version kam 1976 als AFX G-Plus auf den Markt und wurde später zu Super G-Plus weiterentwickelt. Ab 1982 ließ die Verfügbarkeit der AMS Komponenten stark nach, ohne Begründung seitens Faller, bis diese1986 AMS komplett aus dem Programm nahmen. In Deutschland hat man zu den Gründen kaum etwas mitbekommen. Viele Jahre Später ging Erwin Faller bei einem Interview kurz auf dieses Thema ein. AMS belastete die Beziehung der Faller Brüder sehr stark. Der gewünschte Einstieg und das unerwartete Ende sorgte für Streitereien weshalb dazu öffentlich nichts kommuniziert wurde. Das liebe Geld war wie so oft der Grund für das Ende von Faller AMS, aber nicht so wie man sich das zunächst denkt. 1982 beschloss man bei Atlas Model Railroad das die Fertigung in den USA zu teuer geworden ist, und man in Neuseeland wesentlich bessere Bedingungen hätte. Es wurde also die komplette Fertigung auf ein Schiff geladen das auf dem Weg nach Neuseeland sank. Maschinen und Druckgussformen im Wert von Millionen Dollar liegen seither bei den Fischen. Daraufhin meldete Atlas Insolvenz an. Die fehlenden Schienen und weitere Faktoren wie der steigende Ölpreis als Basis für Kunststoff brachten dann auch Aurora in Schieflage. Diese gingen dann ein Jahr später ebenfalls in die Insolvenz. Und so war in Deutschland der Weg frei für den neuen Monopolisten Carrera.

Die Chassis und die aktuellen Alternativen

Original: Aurora – T-Jet
Nachfolger: Aurora – ThunderJet 500
Alternative: Auto World – ThunderJet Ultra-G

Original: A/FX – Original A/FX
Nachfolger: AFX – Magna-Traction
Alternative: Auto World – Xtraction
Alternative: Auto World – Xtraction Ultra-G

Original: AFX – G-Plus
Nachfolger: AFX – Super G-Plus
Geänderter Nachbau: Tyco – 440X2
Geänderter Nachbau: Tomy – Turbo
Alternative: Auto World – Super III

Die Slotcars auf der G-Plus Basis waren meiner Meinung nach nicht mehr schön zu fahren. Es waren nur noch Geschosse die durch die starken Magnete selbst über Kopf auf der Bahn geklebt haben. Gerade die Tyco 440X2 konnte man kaum noch ohne Vollkörperschutz fahren, wollte man bei einem Deslotten keine bleibenden schwerwiegenden Verletzungen erleiden.

Von Auto World wurde ein zusätzliches neues Chassis entwickelt, das meiner Meinung nach das Beste im 1:64 Bereich ist. Im Prinzip ist es ein Magna-Traction mit größerem Radstand.

Original: Auto World 4Gear

Es lässt sich sagenhaft fahren, die Drifts in den Kurven sind kontrollierbar und die Bodys dazu sehen super aus.

Ein paar Slotcars